Am 2. Oktober gehen wir wieder einmal wählen. Es ist nicht gerade ein Hobby von mir, an einem Sonntagmorgen in die Ganztagsvolksschule zu pilgern. Aber schließlich gibt es auch Pflichten für mitbestimmungsinteressierte Bürger. Ab 7 Uhr warten wir also wieder in der Kommission für den Sprengel 7 (B2, B3 und B4) auf die 604 Wahlberechtigten. Das heißt, es werden weniger sein, einige sind seit der 1. Wahl ja inzwischen verstorben. Und etliche oder viele (?) werden nicht mehr kommen, wenn sich bestätigt, was man so hören und lesen kann.
Seit 71 Jahren haben wir in Österreich wieder eine Republik. Darauf sind wir stolz. Jedenfalls fast alle, bis auf die Ewiggestrigen, sei es überlebende oder mangelhaft gebildete nachgeborene. Der Begriff Demokratie fehlt bei keiner Diskussion, wenn es um die Abgrenzung von den Anderen, den Fremden, den „Nichtunsrigen“ geht. In der Praxis nehmen es zu viele allerdings dann nicht mehr ganz so genau.
Gründe? Viele Menschen sind verärgert, zu Recht frustriert. „Die Wahrnehmung der drastisch gewachsenen sozialen Ungleichheit und das Gefühl der Ohnmacht, dass die eigenen Interessen auf der politischen Ebene nicht mehr repräsentiert werden, schaffen den Motivationshintergrund für die Mobilisierung gegen Fremde, die Abkehr von Europa, den Hass auf Brüssel“ beobachte der deutsche Philosoph Jürgen Habermas erst kürzlich. Nicht nur auf Brüssel, das geht schon noch einige Ebenen tiefer!
Wenn die „Verhinderung einiger Moscheebauten“ oder die Frage der „Nichtangelobung von eventuell zukünftigen Bundeskanzlerkandidaten“ zu den zentralen Wahlaussagen gehören, dann darf man sich nicht wundern, wenn viele sich angewidert abwenden. Was werden wir also am Abend des 2. Oktober erleben? Werden die siegen, die „es denen da oben einmal zeigen wollten?“ Oder wird es eine Mehrheit für jene geben, deren Wahlverhalten mehrheitlich dadurch bestimmt wird, „den anderen Kandidaten doch noch zu verhindern, die Schande für Österreich noch einmal abzuwenden“, wenn notwendig mit zusammengebissenen Zähnen?
Dabei ist es nicht so, dass es in Österreich nicht auch andere Kaliber gibt, oder zumindest gegeben hat. Freda Meissner-Blau (1986), Robert Jungk (1992), Heide Schmidt (1998) oder Gertraud Knoll (1998), alles ehemalige unterlegene(!) KandidatInnen und alle um Klassen über dem heutigen Angebot! Keine 3. Wahl eben. Vom eben abgetretenen Bundespräsidenten Heinz Fischer ganz zu schweigen, hinter dem noch dazu eine großartige Frau stand. Und trotzdem sollte man wählen gehen, schon allein um Wahlen in Zukunft nicht nur mehr als Farce zu verstehen.
[Vorabdruck WAZ Wohnpark Alterlaa Zeitung August/September 2016]
Kategorien:Österreich, Politik, WAZ
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