Katastrophales Laientheater!

In ihren Bemühungen um eine Reform des EU-Asylrechts nimmt die Neue Volkspartei (NVP) nun auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ins Visier. „Auch die Menschenrechtskonvention gehört überarbeitet. Wir haben mittlerweile eine andere Situation, als es vor ein paar Jahrzehnten der Fall war, als diese Gesetze geschrieben wurden“, meinte Anfang November August Wöginger, Klubchef der Liste Sebastian Kurz / NVP im Nationalrat. Konkretisieren konnte er diesen Vorstoß allerdings nicht, es dürfte sich die „Überarbeitung“ aber um das Thema Asyl drehen. Darauf weisen Wortmeldungen der NVP-Chefs in den Ländern hin. „Die über 70 Jahre alte Menschenrechtskonvention benötigt ein Update beim Thema Migration, und diese Diskussion sollten wir so schnell als möglich starten“, sagte etwa kürzlich Burgenlands NVP-Chef Christian Sagartz.

Keinem der NVP-Spitzenpolitiker ist aufgefallen, dass in der EMRK die Asylfragen gar nicht behandelt werden. Und das „Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951“, bekannt auch als „Genfer Flüchtlingskonvention“, kennt man natürlich auch nicht.

Die EMRK ist 1953 in Kraft getreten. Österreich ist ihr 1958 beigetreten, 1964 wurde sie rückwirkend mit dem Beitrittsdatum in den Verfassungsrang erhoben! Die EMRK sieht eine Reihe von Grundrechten und -freiheiten vor, darunter Recht auf Leben, Verbot von Folter, Sklaverei und Zwangsarbeit, Recht auf Freiheit und Sicherheit, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und Verbot der Diskriminierung. Es wäre interessant zu erfahren was Wöginger & Co „überarbeiten“ wollen!

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass es im bürgerlichen Lager auch andere Stellungnahmen gab. Dr. Othmar Karas, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, schrieb auf Twitter: „Die Europäische Menschenrechtskonvention ist eine humanistische Errungenschaft. Wer sie infrage stellt, sägt an einem Grundpfeiler unserer Demokratie. Dass dieser Vorstoß aus der ÖVP weiter Unterstützung findet, macht mich fassungslos und bedarf einer klaren Zurückweisung.“ Unterdessen forderte auch die Katholische Aktion Österreich alle politisch Verantwortlichen auf, sich gegen ein „Herumhämmern am Fundament der Europäischen Menschenrechtskonvention“ zu engagieren.

Ich denke, es wird den politisch Verantwortlichen leichter fallen, wenn mehr Anhänger:innen eines humanistisch geprägten Menschenbildes sich dazu melden. In diesem Sinne: ein besinnliches Weihnachtsfest und ein friedlicheres 2023 allen Leser:innen!

[Vorabdruck aus der
WAZ – Wohnpark Alterlaa Zeitung
Ausgabe Dezember 2022]



Kategorien:Österreich, Integration, Politik, WAZ

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