Die Wirtschaft klagt über Jugendliche, die nach der Pflichtschule nicht schreiben und rechnen können. Lehrerinnen und Lehrer klagen über ihnen aufgetragene zusätzliche Integrationsaufgaben. Die FPÖ will einen antiislamischen Kulturkampf auch in den Schulen führen. Und was sagt der Bildungsminister dazu? „In dieser Regierungsperiode gilt das Regierungsprogramm, und daran werde ich mich halten (Falter Nr. 44/18 vom 31.10.2018)“. Sollte man sich von einem Universitätsprofessor nicht ein wenig mehr Mut und intellektuelle Redlichkeit erwarten dürfen?
In wenigen Wochen haben viele Eltern wieder die Entscheidung über den weiteren Bildungsweg ihrer Kinder zu treffen: Gymnasium oder Neue Mittelschule? Der Drang in die Gymnasien ist enorm. Verständlich, denn schließlich will man das Beste für sein Kind. Eine gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen gibt es ja noch immer nicht! Ein Studienabbrecher, neuerdings in höchster Regierungsfunktion, will auch daran nichts ändern. Und sein Bildungsminister antwortet auf die Frage, ob er diese gemeinsame Schule für sinnvoll halte: „Ich bin kein Bildungswissenschaftler. Meine Expertise ist die Demografie, die Geografie, daher entziehe ich mich der Frage.“ Das ist die Antwort eines Universitätsprofessors, der auch 2011-2017 Vizerektor der Universität Wien war! Man muss nicht unbedingt Bildungswissenschaftler sein um Minister zu werden. Aber jahrzehntelang zu lehren und unter anderem auch AHS-LehrerInnen auszubilden und sich nicht mit einem Bildungssystem auseinanderzusetzen, dass in im Bildungswesen führenden Staaten seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert wird, lässt schon die Frage aufkommen, wie wer was wird an unseren Universitäten.
Die Vorstellung vieler Eltern, ihr Kind könnte Schaden nehmen, wenn es nicht die Unterstufe eines Gymnasiums erreiche, könnte durch mehr Information behoben werden. Auf unterschiedliche Begabungen kann nicht nur durch ein Senken des Niveaus reagiert werden, sondern intelligenterweise auch mit gemeinsamen Anstrengungen von Lehrer und SchülerInnen. Wenn bessere SchülerInnen schwächeren KollegInnen helfen, profitieren beide davon! Wer einmal während seiner Schulzeit Gleichaltrigen Nachhilfe erteilt hat, wird sich erinnern, dass man damit auch das eigene Wissen vertiefte. Als Nebenprodukt entwickelt man dabei auch noch eine gewisse soziale Kompetenz, die man heute, auch bei vielen Regierungsmitgliedern, so schmerzlich vermisst! Anders sind 150-€-Sager nicht zu erklären!
Viele Entscheidungen einer Regierungsmehrheit lassen sich später korrigieren. Durch ein antiquiertes Bildungssystem verlorene Jahre unserer Kinder sind aber unwiederbringlich verloren! Das Fragezeichen in der Überschrift ersetze ich durch ein Rufzeichen.
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