Die Vorstellungen der Regierung zu einer Steuerreform sind, wie angestrebt, zum vorgesehenen Zeitpunkt präsentiert worden. Die Kommentare dazu sind leider weitgehend von eher bescheidenem Niveau. Dass in einer Koalitionsregierung das Ergebnis nur ein Kompromiss sein kann, sollte eigentlich niemanden überraschen.
Dankbar sollte man sein, dass letztendlich doch sehr klar wurde, wer sich wem primär verpflichtet fühlt. Dass sich die Vorstellungen der Sozialdemokratie weitgehend mit denen des ÖBG decken, ist, seit Gusenbauer gerade noch rechtzeitig abgelöst wurde, nicht überraschend. Dass auf der Gegenseite auf die Mittelstandsmillionäre nicht vergessen wurde, war abzusehen. Dass die Opposition nicht zufrieden zu sein hat, ist klar. Aber die Lösung aller anstehenden Probleme unseres Landes in einem Zug, in einem Gesetzespaket, zu erwarten, ist doch sehr naiv.
Nehmen wir es also was es ist, eine Tarifkorrektur mit einigen Ansätzen zu einer Steuerreform. Die Richtung stimmt, der Weg ist aber natürlich noch sehr sehr lange. Und das zugesagte Versprechen des neuen Finanzministers, endlich die schon seit langen gültigen Steuerbestimmungen auch umzusetzen und die fälligen Steuer einzutreiben, ist nur zu begrüßen. Warum es dazu allerdings einer Steuerreformdebatte bedurfte, ist nicht ganz klar. Bei jedem Arbeiter, bei jedem Angestellten geschieht das immer schon. Und der Rest sollte sich nicht über Misstrauen beklagen. In Bezug auf die Genauigkeit der zu erwartenden Ergebnisse habe ich wenig Zweifel an den Fähigkeiten der BeamtInnen im Finanzministerium. Außerdem wird sich die Verdoppelung der Anzahl der Steuerprüfer mehrfach bezahlt machen. In diesem Zusammenhang sollte auch sichergestellt wird, das alle eigehobenen Sozialversicherungsbeiträge auch vollständig von den Unternehmen abgeführt werden.
Ist also genug getan? Keinesfalls! 2008 erlebte der Kapitalismus zum zweiten Mal in der Geschichte einen Krampfanfall von globalem Ausmaß. Die Finanzkrise setzte eine Kettenreaktion in Gang, deren Ende noch immer nicht abzusehen ist. Sie bedroht nicht nur „die Griechen“. Hier ist ein Umdenken, ein Neudenken dringend erforderlich, auch in Österreich, aber nicht nur. „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“, wusste schon der große Albert Einstein. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
[ WAZ März/April 2015 ]
Kategorien:Österreich, Politik, WAZ
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