Am 31. Oktober feierten unsere evangelischen Mitbürgerinnen 500 Jahre Reformation. Laut der Überlieferung soll der Mönch und Theologieprofessor Dr. Martin Luther am Abend vor Allerheiligen 1517 an die Pforte der Schlosskirche zu Wittenberg 95 Thesen zu Ablass und Buße angeschlagen haben. Grund genug, auch für Un- oder Andersgläubige, sich in diesem Zusammenhang an eine Lieblingsbibelstelle Dr. Luthers zu erinnern: „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel“ (Matthaeus 5:37). Dr. Luther orientierte sich in seinem tagtäglichen Verhalten daran. Ich denke, dass das auch heute und für alle Zeiten ein nachahmenswertes Verhalten darstellt.
Leider muss immer öfters beobachtet werden, dass auch prominente Persönlichkeiten im öffentlichen Leben dem wenig abgewinnen können. Jüngstes Beispiel: unser Finanzminister Dr. Schelling im Zusammenhang mit Steuerschlupflöchern, neuerlich aufgezeigt in den „Paradise Papers“ – diese stellen in tausenden Fällen dar, wie Steuervermeidung und Steuerhinterziehung von einigen der weltweit größten multinationalen Konzernen und Milliardären mittels Verschleierung, Splittung und Geldwäsche betrieben wurden. Zu Hause betonte Dr. Schelling sogleich, dass wir in Österreich schon alles dagegen unternommen hätten. In Brüssel verhielt er sich allerdings ganz anders, was Othmar Karas (ÖVP Europa-Abgeordneter) lautstark protestieren ließ: Er habe „überhaupt kein Verständnis, wenn angesichts täglich neuer Beispiele von Steueroasen, Steuervermeidung, Steuerflucht und Steuerhinterziehung es noch immer Mitgliedsstaaten der EU gibt, die den ehrgeizigen Kampf der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments blockieren wollen“.
Was war geschehen? Laut einem „Standard“-Bericht lehnt Österreich gemeinsam mit Luxemburg, Großbritannien, Malta und einigen weiteren Staaten einen raschen Abschluss der neuen Geldwäscherichtlinie, die schärfere Bestimmungen für die Offenlegung der wahren Eigentümer von Stiftungen vorsieht, ab. Die Register mit den echten Eigentümern sollen laut dem Entwurf nicht nur für Behörden, sondern für die ganze Öffentlichkeit einsehbar werden. Genau das sieht man laut der Zeitung im Finanzministerium kritisch, deshalb will man gemeinsam mit den anderen Ländern die Verhandlungen auch nicht „übereilt“ abschließen.
„Ich kann nicht glauben, dass sich Österreich im Kampf gegen Steuertricks der Konzerne auf die Seite von Malta, Zypern und Großbritannien stellte, denn dann wären wir auf der falschen Seite“, so Karas. Das seien genau die genannten Länder, die sich seit Jahren unfair verhielten, sagte Karas zum „Standard“.
[ Vorabdruck aus der WAZ – Wohnpark Alterlaa Zeitung, Ausgabe Dezember 2017 ]
Kategorien:Österreich, Politik, WAZ
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