Klartext: Objektive Nachrichtensprache!

Aufmerksamen Nachrichtenkonsumentinnen ist sicher nicht entgangen, dass bei der Klassifizierung von Staats- oder Regierungschefs in Funk und TV genau zwischen Präsidentinnen, Ministerpräsidentinnen, Diktatoren, Putin, Biden, Erdoğan und Orbán – jeder weiß ja sowieso was man von denen zu halten hat – oder noch genauer Machthabern, ganz selten Machhaberinnen, unterschieden wird. Noch nie habe ich von einem Machthaber am Ballhausplatz gehört. Das sollte zu denken geben. Andererseits ist das sicher auf die penible Einhaltung des Objektivitätsgebots zurückzuführen: die Machthaber in unserer Republik sitzen seit einigen Jahren nicht mehr am Ballhausplatz, sondern in Mattighofen, Ferlach (laut HC Straches Offenbarungen in Ibiza), im Casino oder bei den Tiroler Bergbahnen (unvollständige Aufzählung!).

Politisch Interessierte erinnern sich noch an den vor der vorletzten Nationalratswahl auch aus Mattighofen kommenden Wunsch nach einer längeren tägliche Arbeitszeit, so an die 12 Stunden war gedacht. Nach einiger Zeit kam aus Mattighofen zur Unterstützung die Ankündigung, dass man bereit sei die bereits eingegangenen Spenden für den Wahlkampffond der ÖVP zu verdoppeln. Immerhin war ein zumindest 6- wenn nicht 7-stelliger Betrag zu erwarten. Vorerst Stille, doch kaum waren die Wahlen geschlagen wurde auch schon im Nationalrat an der Novelle zum Arbeitszeitgesetz gearbeitet – Ziel: 12 Stundentag. Böswillige(?) Kommentatoren sprachen sogar davon, dass der Gesetzestext direkt aus Mattighofen kam. Die blaue Heimatpartei war mit von der Partie.

Nächste Schweinerei: die Krankenkassenzusammenlegungen mit der angekündigten eigesparten Patientenmilliarde, die sich nun als zusätzlich notwendiger Betrag herausstellte. Wieder war die blaue Heimatpartei mit dabei. Die blaue Gesundheitsministerin verkündete damals im Fernsehen, dass die angekündigte eingesparte Patientenmilliarde von Fachleuten errechnet wurde. Jetzt erinnert sie sich unter Wahrheitspflicht im parlamentarischen Untersuchungsausschuss, dass das ein Marketinggag war, der vom Ballhausplatz kam. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die Vertreterin einer Partei, die sonst so großen Wert auf die Verwendung der deutschen Sprache – zumindest am Schulhof – legt, sich nun eines Anglizismus bedient. Ist aber auch verständlich, hätte sie zugeben sollen, dass das eine glatte Lüge war? Schließlich sitzen ja gar nicht so wenige der damaligen Mittäterinnen noch immer im Parlament und in der Regierung und wollen demnächst wieder gewählt werden! Als notorische Lügnerinnen?

Und nun gibt es schon wieder einen Wunsch zur Nationalratswahl: 41 Stunden Arbeitszeit zum Preis von 38½ Stunden. Die stellvertretende ÖAAB-Vorsitzende und Verfassungsministerin zeigt im TV Verständnis dafür. Ihr Chef im ÖAAB und Klubobmann der ÖVP im Parlament ist entsetzt. Schließlich wurde die erprobte und bewährte Reihenfolge nicht eingehalten! Ohne entsprechende Wahlkampfspende, wie soll das gehen? Präsident Sobotka hat doch schon im Dezember 2020 vor laufender Kamera erklärt wie das mit Geschäft und Gegengeschäft zu laufen hat: „Naja, Sie kennen das Geschäft, ja, fürs Inserat gibt`s ein Gegengeschäft, oder?“ was Interviewpartner Fellner damals sachkundig mit „ja, natürlich“ bestätigte – und der muss es ja wissen.

[Vorabdruck aus der
WAZ – Wohnpark Alterlaa Zeitung
Ausgabe Mai 2024]



Kategorien:Österreich, Medien, Politik, WAZ, Wirtschaft

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