Klartext: Das Superwahljahr und die Medien

Es gibt kaum einen Tag ohne Behandlung des Jahresthemas „Wahlen“. In den wöchentlichen Erörterungen der Prozentverschiebungen der Positionen der einzelnen Parteien in den diversen Umfragen wird aber nicht auf geänderte politische Inhalte und Vorstellungen eingegangen. Dann wundert man sich, dass diese unbekannt und daher auch weitgehend unwirksam bleiben. Ergänzend gibt es dazu ja die Talkshows. Ohne Show geht es überhaupt nicht mehr, alles muss Unterhaltung sein. Hier treten dann immer wieder alt- und/oder ausgediente Journalist:innen und Politiker:innen auf.

Um in einem Beispiel konkret zu werden: in einem der privaten TV-Sender wird nahezu wöchentlich Frau Anneliese R. unterwürfig als Doyenne vorgestellt, offensichtlich unwissend, dass dieser Titel hierzulande eigentlich hauptsächlich für verdiente Schauspielerinnen verwendet wird. Ein Doyen oder eine Doyenne ist ein besonderes Mitglied des Theaters, ursprünglich des Wiener Burgtheaters. Oder soll unterschwellig vermittelt werden, dass Politik eigentlich immer nur Theater sei?

Zurück zu Frau Anneliese R.: eingeladen eine Beurteilung der politischen Situation abzugeben, verkündet sie mit großer Regelmäßigkeit, wofür es keine Mehrheit in Österreich gäbe. Wenn man das ernst nehmen soll, und das wird ja erwartet, dass eine einzelne Frau feststellen kann, wofür es, im Umkehrschluss, eine Mehrheit gebe, wozu dann der Aufwand für Wahlen? Sparsamkeit ist doch eine Tugend, oder? Anleihe nehmend im antiken Griechenland könnte man doch für sie ein staatliches Orakel schaffen, wo sie wöchentlich am Dienstag im Ministerrat befragt wird. Das Parlament könnte man sich dann auch gleich ersparen, womit auch einer regelmäßig Forderung nach mehr privat und weniger Staat entsprochen wird.

Genug der Scherze: Auffällig ist schon , dass die Ideen und Vorschläge, die angeblich nicht mehrheitsfähig sind, fast durchwegs schon vorher von der Industriellenvereinigung als undurchführbar oder zumindest überzogen klassifiziert wurden. Frau Anneliese war in ihrer aktiven Zeit als Journalistin bei der Presse, die ja für ein großes Naheverhältnis zu dieser Vereinigung bekannt ist, tätig. Wäre daher zu empfehlen, dass wie bei Sportkommentator:innen, ein Sticker mit dem jeweiligen Auftraggeber verpflichtend wäre, um nicht den Eindruck der unterschwelligen Manipulation zu erwecken.

Vor vielen Jahrhunderten war man da schon ehrlicher! Wenn man sich in die Zeit zurückversetzt, in der es Minnesänger gab oder in die Zeit des bürgerlichen Oswald von Wolkenstein – die waren so etwas wie feile Federn. Die hatten selten eine feste Anstellung und mussten von Hof zu Hof ziehen um dort einen Herrscher zu preisen und Geschichten von seinen Heldentaten erzählten.  Dafür bekam er dann etwas Geld, eine Unterkunft, vielleicht auch einen schönen Ring. Sie bekannten aber auch offen: „Wes Brot ich ess‘, dess Lied ich sing.“

[Vorabdruck aus der
WAZ – Wohnpark Alterlaa Zeitung
Ausgabe März/April 2024]



Kategorien:Medien, Politik, WAZ

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